Andacht für zu Hause
Kerze entzünden
Einstimmung
"Singt dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder." - Kantate! Singt, singt dem Herrn ein neues Lied. Der heutige Sonntag ist ein besonderer im gesamten Kirchenjahr. An keinem anderen Sonntag steht das Singen so sehr im Vordergrund wie heute. Singen, das ist mit vollem Herzen Gott loben, so sehr, dass einem der Mund übergeht.
Wer singt, der spürt ganz deutlich, dass es gerade die Musik ist, die in ganz anderer Weise menschliche Emotionen weckt und deutlich macht.
Im Gottesdienst in der Kirche ist es vor allem die Orgel, die den Gesang der Gemeinde begleitet. Zu Hause sind es entweder die eigenen Instrumente, die beherrscht werden oder ganz allein die eigene Stimme, die die Noten zum Klingen bringt.
"Singt dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder." - ja, auch das ist unsere Kirche: Immer wieder neu, immer wieder anders. Der, der unverändert bleibt ist Gott. Nur wir erkennen in unseren Liedern immer wieder neu, wie Gott sich uns zeigt.
So feiern wir diese Andacht im Namen unseres Gottes: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Predigttext des Tages: 2. Chr 5,2-5(6-11)12-14 (Die Einweihung des Tempels)
Lied: EG 302 "Du meine Seele, singe"
Predigtimpuls
Ich muss so 4 oder 5 Jahre alt gewesen sein, als ich das erste Mal in meinem Leben einen Gottesdienst bewusst wahrgenommen habe. Und noch bis heute sehe ich beim Nachsinnen die beeindruckenden Bilder dieser vergangenen Zeit. Damals besuchte ich noch einen katholischen Kindergarten. St. Martinus heißt der übrigens bis heute. Ich kann mich nicht mehr an den Grund für den Gottesdienstbesuch erinnern, aber woran ich mich erinnern kann, ist der Umgang der versammelten Gemeinde miteinander und das Verhalten des Priesters am Altar. Da sah es anders aus als in "meiner" evangelischen Kirche, es roch anders. Der Priester hatte bunte Messkleidung an und keinen schwarzen Talar. Er lief um den Altar und schwenkte dabei ein Weihrauchfass. Der Duft erfüllte den Raum, sichtbar, riechbar. Ich wusste: Hier passiert gerade etwas Besonderes, etwas Geheimnisvolles, ja vielleicht auch etwas Heiliges.
Noch heute mag und schätze ich den Duft des Weihrauches. Für mich gehört er unbedingt zur Advents- und Weihnachtszeit. Aber sonst spielt er kaum eine Rolle in meinem Leben. Schon gar keine Rolle spielt er im Leben meiner Kirchengemeinde. Weihrauch gehört zu den Adiaphora - zu den neutralen Dingen.
Und dann lese ich den heutigen Predigttext. Und fühle mich zurückgesetzt in meine eigene Vergangenheit und ich rieche den Weihrauch. Ich kann förmlich vor mir sehen, wie sich die Herrlichkeit des HERRN im Haus, im Tempel ausgebreitet hat. Ich höre den triumphalen Klang der Instrumente und spüre die Kraft der Stimmen: "Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig".
Und dann erwischt mich eine tiefe Sehnsucht: Das will ich auch haben, denke ich. Dass ich die Herrlichkeit Gottes wirklich sehen kann. Und dann denke ich: War ja klar, wie der Jünger Thomas mit seiner Frage nach den Beweisen der Auferstehung Jesu. Und denke sofort: Nein, nein. Das soll ja nicht sein. Ich soll glauben ohne zu sehen. Das ist ja das Los aller, die nicht mit Jesus durch Galiläa gezogen sind. Glauben und nicht sehen.
Schön wäre es aber doch. Einfacher irgendwie. Das mit dem Sehen und das mit dem Glauben. Ich soll ja ehrlich sein. Und zur Ehrlichkeit gehört auch das dazu: Mir fehlt es, dass ich Gott, oder zumindest seine Heiligkeit nicht sehen kann. Und ich weiß: Es fehlt mir nicht nur irgendwie, es fehlt mir richtig. Erst mit Gott bin ich vollständig.
Darum fehlen mir auch unsere Gottesdienste in den Kirchen und Gemeindehäusern, weil ich da eine Ahnung von Heil und Heiligkeit bekomme. Auch danach spüre ich eine tiefe Sehnsucht: Ich will einfach wieder Gemeinschaft spüren und nah erfahren, mich mit anderen zusammen unter Gottes Wort stellen, gemeinsam singen, gemeinsam beten, segnen und gesegnet werden. Anderszeit erleben.
Und ich weiß, dass es vielen anderen auch so geht. Und gerade deshalb habe ich tiefen Respekt vor der Entscheidung unseres Gemeindekirchenrates weiterhin auf die gottesdienstlichen Versammlungen zu verzichten und abzuwarten. Weil das, wonach ich mich da sehne im Moment einfach noch nicht möglich ist, auch wenn es jetzt vielleicht wieder erlaubt sein mag. Weil es traurig ist, wenn Gesang nicht oder nur ganz leise möglich ist und wir auf 2m-Abstand voneinander sitzen, wohlmöglich dann auch noch mit Mund-Nasen-Schutz im Gesicht.
Ja, ich bin sehnsüchtig. Nach Leben. Nach Gott. Nach Gemeinschaft. Und ich weiß auch: Gott geht es nicht anders. Und ist deshalb gerade jetzt ganz nah. In jeder kleinen Begegnung im Alltag. In einem freundlich zugewandten Augenzwinkern (das kann man nämlich trotz Mund-Nasen-Schutz sehen). In jedem Wort der Vergebung für vergangene Dinge.
Gott in mir und ich in Gott. Und das gilt für alle meine Mitmenschen ebenso. Und dann denke ich: Vielleicht ist es wirklich genau so einfach. Ich kann die Herrlichkeit Gottes doch sehen. Im Spiegel. In meinem Partner, meinem Nachbarn, den Bekannten und Fremden, die mir begegnen. Gott ist doch überall! Ich muss nur mal meine Augen richtig aufmachen. Amen.
Fürbitten und Vaterunser
Gott, unser Gott, wir kommen zu dir und singen dir unsere Lebenslieder. Jedes hat seine ganz eigene Melodie, jedes seine ganz eigene Stimmung. Oft sind wir gefangen in unseren Liedern und können oft nur eine Strophe singen und der Refrain lässt uns immer wieder zurück schauen.
Du aber willst, dass wir dir ein neues Lebenslied singen. Dass wir eine neue Strophe anstimmen, die mit dir beginnt und uns zeigt, dass unser Lebenslied alles umfasst: Das Gute und das Schlechte, das Hohe und das Tiefe, das Schnelle und das Langsame, Dur und Moll. Und in allen Noten schwingst du mit. Immer.
So singen wir dir und bitten dich um ein neues Lied für unsere Welt. Für neue Melodien in all den Ländern dieser Erde und für alle Menschen, ob groß oder klein. Wir singen zu dir und wollen mit dir singen: Das neue Lied vom Leben, gerecht für alle. Von der Liebe, die größer wird, wenn wir sie teilen. Von der Freude über das Leben, für all die, die in Angst leben oder einsam sind. Und von der Gemeinschaft, die alle umfasst, ob wir uns sehen oder kennen, oder noch weit voneinander entfernt oder uns fremd. Vom Sieg des Lebens über den Tod durch deinen Sohn.
Denn der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!
So gestimmt beten wir mit den Worten Jesu Christi:
Vater unser im Himmel: Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen
Gott segne uns und behüte uns. Gott lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.
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